Technik
Boßeln
Die Technik des Abwurfes
Die Technik des Abwurfes beim Boßeln ist einzigartig. Bei einem Boßelwurf nimmt der Werfer einen in der Länge variablen Anlauf, dieser kann von wenigen Metern bis zu 25 Meter betragen. Aus dem Anlauf heraus wird dann die zu werfende Kugel mit möglichst viel Schwung geworfen.
Da jede Straße eine andere Charakteristik aufweist ist es unabdingbar die Straßenbeschaffenheit bei jedem Wurf neu beurteilen zu können! Bei diesem Straßenlesen werden die Wölbung, der Straßenverlauf und die Seitenstreifen der Strecke beurteilt. Hieraus ergibt sich die Anweisung des Anzeigers für den Werfer. Der Peilpunkt für den Werfer ist hier der Anzeiger, der dort steht wo die Kugel laufen soll um die optimalste Weite erzielen zu können. Zuerst langsam, anschließend immer schneller werdend läuft der Werfer an. Der Wurfarm wird dabei senkrecht und eng am Körper, der ebenfalls sehr gerade bleiben sollte, gehalten. Kurz vor dem Abwurf wird der Wurfarm zuerst nach vorn, dann nach hinten, wie bei einem Pendel, am Körper entlang weit ausgeholt. Hier erreicht der Arm oftmals die Kopfhöhe vom Werfer. Dann wird mit einer schnellen Bewegung nach vorne ein möglichst kraftvoller Abwurf mit einem Doppelschritt ausgeübt. Der Winkel des Armes bei dem Loslassen der Kugel sollte in etwa 40 - 50° zur Körperachse betragen. Die Kugel setzt dabei in etwa 3 - 5 Meter vor dem Werfer auf der Straße auf.
Die Wurftechniken eines Rechtshänders können wie folgt beschrieben werden:
Liek ut de Hand (Gerade aus der Hand werfen)
Bei dieser Art zu werfen zeigt die Handinnenfläche beim Abwurf gerade in Wurfrichtung, der Daumen ist zum Zeigefinger hin angelegt. Wichtig ist das Beherrschen dieser Technik um in Spurrillen entlang werfen zu können. Auch auf geraden Strecken ohne Wölbung und in Kurven kann diese Technik angewendet werden.
Över de Finger (Die Kugel über den kleinen Finger hinweg aus der Hand werfen)
Diese Technik ermöglicht dem Rechtshänder in einem sich nach links öffnenden Winkel zu werfen.
Bei dieser Wurfart wird der Daumen leicht angehoben und der Wurfarm zum Körper in Richtung des linken Beines hingeführt. Gleichzeitig führen alle Finger die Kugel leicht nach innen (links) und verleihen der Kugel einen linksseitigen Drall. Bei Bedarf kann die Hand beim Abwurf nach links gekippt werden um diesen Effekt zu verstärken (auf sehr breiten oder sehr runden Strecken bzw. in engen Kurven). Die Kugel verlässt über den kleinen Finger die Hand. Diese Technik wird hauptsächlich auf gewölbten sowie einseitig hängenden Straßen angewendet um in Wurfrichtung von der rechten Straßenseite aus in Richtung des Anzeigers zu werfen.
Över de Duum (Die Kugel über den Daumen hinweg aus der Hand werfen)
Diese Technik ermöglicht dem Rechtshänder in einem sich nach rechts öffnenden Winkel zu werfen. Hierbei wird der Daumen leicht nach rechts zum Zeigefinger gelegt und der Arm beim Abwurf leicht nach außen, vom Körper weg bewegt. Gleichzeitig führen alle Finger die Kugel leicht nach außen (rechts) und verleihen der Kugel so einen rechtsseitigen Drall. Eventuell kann auch die Hand noch zusätzlich nach außen gekippt werden, um den Effekt zu verstärken (auf sehr breiten Straßen oder in engen Kurven). Die Kugel verlässt die Hand über den Daumen. Diese Technik wird hauptsächlich auf gewölbten und einseitig hängenden Straßen angewendet um in Wurfrichtung von der linken Straßenseite aus in Richtung des Anzeigers zu werfen.
Kurbeln (Der Kugel den größtmöglichen Drall mitgeben)
Beim Kurbeln wird der Kugel im Moment des Abwurfes durch schnelles Kippen der Hand ein besonders starker Drall verpasst, der das lange, verzögerte Aufsteigen der Holzkugel bewirkt. Diese Technik kann auch in Kurven angewandt werden, wo die Holzkugel außenherum laufen soll.
Mähen (Den Wurfarm weit weg vom Körper in einem Radius bewegen)
Hier wird beim Abwurf der Wurfarm weit nach außen gestreckt. In der sich anschließenden finalen Bewegung wir der Arm nicht gerade zum Anzeiger geführt, sondern in einem Radius zur linken Seite. Begleitend dazu wird sehr oft die Schulter angehoben, welches diese Bewegung noch verstärkt. Den Weg den die Kugel in Richtung des Anzeigers gehen soll, wir deutlich verfehlt. Meistens führt diese ungewollte Technik zu sehr kurzen Würfen fast quer über die Straße. Optisch sieht so aus, als wenn der Werfer eine Sense in der Hand hat und am mähen ist.
Steißeln (Eine fast senkrecht zur Körperachse aufgesetzte Kugel)
Wenn bei einem Abwurf der Winkel des Armes zur Körperachse negativ ist (Die Kugel verlässt den Arm während er sich noch hinter dem Körper befindet) oder bis ca. 15° vor dem Körper beträgt, kann man vom Steißeln sprechen. Hier sieht es so aus als wenn der Werfer die Kugel senkrecht in den Grund geworfen hat. Die Kugel verliert sofort den Druck und alle Eigenschaften die vom Werfer mit der Hand hinzu geführt wurden. Der optimalste Winkel vom Arm zur Körperachse bei einem Abwurf beträgt in etwa 40-50°. Wird der Winkel noch größer, spricht man hier vom Flüchten.
Flüchten (Die Boßelkugel sehr weit vor sich aufsetzen)
Flüchten bezeichnet das bewusste Anheben der Kugel über den normalen Bereich (Winkel) hinaus. Oftmals wird ein Winkel um die 90° zur Körperachse oder knapp darüber erreicht. Mit dieser Technik wird die Kugel einige Meter geworfen und nicht kurz vorm Körper aufgesetzt, zu beobachten ist diese Technik oftmals bei Holzwerfern. Sie versuchen dadurch, das zu schräge Seitengefälle einer Straße zu überbrücken. Wird diese Technik jedoch falsch ausgeführt und die Kugel dadurch zu weit geflüchtet, verliert der Wurf erheblich an Druck. In sehr engen Kurven kann durch gezieltes Flüchten der Winkel zum sich anschließenden weiteren Straßenverlauf so verkleinert werden, das die Kugel dadurch trotzdem eine sehr große Weite erzielen kann.
Kegeln (Ein gefühlvoll ausgeführter Standwurf)
In Ausnahmefällen wird auch beim Boßeln aus dem Stand gekegelt. Diese Technik wird bei engen und sehr langgezogenen Kurven angewandt. Hier würde ein kraftvoller Wurf aus dem Anlauf heraus keine akzeptable Länge erreichen, weil die Kugel kaum an Weite gewinnen kann. Sie würde nicht dem Straßenverlauf folgen, sondern auf dem kürzesten Wege in gerader Linie die Straße wieder verlassen.